Noch ein Rückschlag für den Klimaschutz und Robert Habeck

Minister Robert Habeck. Foto: dpa/Michael Kappeler
Von Birgit Marschall
Berlin Ein Klimaschutzminister muss dem Kabinett den Entwurf eines aufgeweichten Klimaschutzgesetzes vorlegen – ungünstiger kann es nicht laufen für den Grünen Robert Habeck, der angetreten ist, um den Klimaschutz voranzubringen. Habeck musste sich an die Verabredungen der Ampel-Koalitionäre halten, er ist also nicht direkt Verursacher dieser Entkernung eines guten Gesetzes der schwarz-roten Vorgängerregierung. Doch macht der Vorgang die Machtlosigkeit der Grünen im Kampf für mehr Klimaschutz im Ampel-Gefüge überdeutlich – und die Schwäche des Vize-Kanzlers, dessen Gewicht in den Verhandlungen ohne seine Fehler beim Heizungsgesetz und die unklare Führungsstruktur bei den Grünen wohl schwerer gewesen wäre.
Habeck und andere Regierungsvertreter können es schönreden, wie sie wollen: Die Umweltverbände behalten Recht, wenn sie das nun im Kabinett verabschiedete neue Klimaschutzgesetz scharf kritisieren. Künftig wird die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach Sektoren wie Verkehr, Industrie, Gebäuden und Landwirtschaft gemessen und kontrolliert, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Die Bundesregierung als Ganzes entscheidet künftig, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige CO2-Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll.
Vor allem die Aufgabe der Sektorziele macht den Klimaschutz weniger kontrollier- und sanktionierbar. Bisher mussten die zuständigen Ressorts Sofortprogramme für Verbesserungen vorlegen, wenn in einem Jahr die Ziele in ihrem Bereich verfehlt wurden. 2022 war im Verkehrs- sowie Gebäudebereich die gesetzlich vorgeschriebene CO2-Emissionsmenge überschritten worden – und daran dürfte sich auch in diesem und in den kommenden Jahren wenig ändern. Doch eine unmittelbare Konsequenz hat das mit dem neuen Gesetz für FDP-Verkehrsminister Volker Wissing oder SPD-Bauministerin Klara Geywitz nicht mehr.
Künftig werde die Regierung als Ganzes die Klimaziele einhalten, aber auch die einzelnen Ressorts seien weiter in der politischen Verantwortung, sagt Habeck. Zudem bilde das neue Gesetz nur eine „politische Realität“ ab: Die Ressorts hätten sich trotz des geltenden Klimaschutzgesetzes auch bisher nicht an die Vorgaben gehalten. Wer so argumentiert, hätte konsequenterweise auch gleich die überaus ehrgeizigen übergeordneten Klimaziele aufgeben können. Denn ob es gelingen wird, tatsächlich bis 2045 komplett klimaneutral zu wirtschaften, erscheint aus heutiger Sicht ebenso realitätsfern wie die Einhaltung der spezifischen Sektorziele bei Verkehr und Gebäuden.
Mit der von der FDP und freundlicher Unterstützung des „Klimakanzlers“ durchgesetzten Reform unterschätzt die Regierung die Wirkung in der Öffentlichkeit. Mit den Sektorzielen war es bisher möglich, öffentlich Druck auf die auszuüben, die zu wenig für mehr Klimaschutz tun – ähnlich wie das seit Jahrzehnten etwa in der Haushaltspolitik durch die Schuldenregeln gelingt. Nun aber wird am Ende wieder vor allem einer am Pranger stehen, wenn es nicht funktioniert: der Klimaschutzminister